Tagung: Arbeiten in Südtirol

Tagung: Arbeiten in Südtirol

Das Potential der Auslandssüdtiroler:innen für den Südtiroler Arbeitsmarkt analysiert

 

Am 11. Mai veranstaltete die Handelskammer Bozen gemeinsam mit dem Verein Südtiroler in der Welt des Katholischen Verbandes der Werktätigen (KVW) in der Handelskammer eine Informationsveranstaltung zum Thema „Arbeiten in Südtirol – Potential der Auslandssüdtiroler:innen“. Dabei wurde diskutiert, welche Maßnahmen man setzen könnte, damit diese vermehrt in den Südtiroler Arbeitsmarkt eintreten bzw. zurückkehren.

 

Viele Südtiroler:innen gehen zum Studieren und Arbeiten ins Ausland. Oft kommen sie nach ihrem Studien- bzw. Arbeitsaufenthalt nicht mehr nach Südtirol zurück und bleiben langfristig in der Fremde. Diese zumeist gut ausgebildeten Fachkräfte fehlen am Südtiroler Arbeitsmarkt. Gestern wurde im Zuge einer Veranstaltung, in der Handelskammer Bozen diskutiert, mit welchen Maßnahmen man Auslandssüdtiroler:innen dazu bringen könnte, vermehrt in den Südtiroler Arbeitsmarkt einzutreten bzw. zurückzukehren. Die Veranstaltung wurde gemeinsam mit dem Verein Südtiroler in der Welt organisiert. Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen unterstrich in seinen Grußworten: „Die Handelskammer Bozen möchte Südtiroler Unternehmen darin unterstützen, attraktive(re) Arbeitgeber:innen zu werden, am Markt sichtbar zu sein und dadurch die richtigen Mitarbeitenden zu finden und zu halten.“  Der Landesvorsitzende des KVW, Werner Steiner betonte in seiner Begrüßung die Wichtigkeit der sozialen Frage: „Für uns als KVW sind die neuen sozialen Fragen sehr wichtig. In den Bereichen Arbeit und Arbeitslosigkeit, Familie sowie Armut mit zunehmenden Unterschieden bei den Einkommen, gilt es hellhörig zu sein und frühzeitig auf Fehlentwicklungen hinzuweisen.

Bei der Veranstaltung ebenso anwesend waren Iris Tappeiner, Simon Rungger und Rudi Theiner, die nach Auslandsaufenthalten wieder nach Südtirol zurückkehrten. Sie sprachen über ihre Beweggründe für diesen Schritt und mit welchen Schwierigkeiten sie dabei konfrontiert waren. Iris Tappeiner, die im Bereich Studienmarketing an der Freien Universität Bozen beschäftigt ist betonte, dass eine neue Unternehmerkultur geschaffen werden müsse, um jungen Leuten eine Perspektive in Südtirol zu bieten. Simon Rungger, der nach einem Aufenthalt in der Schweiz wieder nach Südtirol zurückkehrte und im Handwerk arbeitet betonte, dass eine Ursache für den Fachkräftemangel auch im Bildungssystem selbst zugrunde liege. „In der Schweiz können bereits Mittelschulkinder unterschiedliche Berufe ausprobieren und machen, aufgrund der frühen Berührung mit dem Beruf, vermehrt eine Lehre. Das ist in Südtirol nicht der Fall,“ so Rungger.

 

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion wurden unter anderem Maßnahmen besprochen, die Südtirol braucht, um zu einem attraktiveren Arbeitsmarkt zu werden. Heidi Felderer, Inhaberin eines Bauunternehmens betonte, man müsse mehr Wohnungen für Arbeitskräfte schaffen, die auch leistbar sind. Auch Günther Mathà, Direktor der Freien Universität Bozen unterstrich das, denn durch leistbares Wohnen ermöglicht man anderen Menschen eine Heimat zu schaffen. Der Begriff der Heimat war auch für Hugo Leiter, Stellvertretender Vorsitzender des Vereins Südtiroler in der Welt Beweggrund, wieder nach Südtirol zurückzukehren, damit auch seine Kinder diese Welt kennenlernen konnten.

Das Arbeiten in Südtirol ist attraktiv aber muss noch attraktiver werden, ebenso braucht es einen Verbund von Vielen, die Rahmenbedingungen müssen verändert und verbessert werden. Zudem müsse man auf die neue Generation eingehen und sich deren Themen und Anliegen sowie den neuen Arbeitsformen widmen.

 

Simon Rungger, Zimmerer/Holzbauer ist nach einem Auslandsaufenthalt in der Schweiz zurück nach Südtirol gekehrt. Er trat als Testimonial bei der Tagung „Arbeiten in Südtirol“ auf. Mit uns hat er über seine Rückkehr gesprochen.

 

 

 

„In Südtirol verändert sich nun etwas“

 

Simon Rungger

H&W: Was hat Sie dazu bewogen nach Südtirol zurückzukehren? Was war Ihre Motivation?

 

Rungger: Nach Südtirol zurückzukehren war eine Entscheidung, die ich zusammen mit meiner Partnerin (sie nicht Südtirolerin) traf. Wir wollten unseren Lebensmittelpunkt wieder nach Südtirol verlagern, denn es gibt viele junge motivierte Südtiroler:innen, die etwas bewegen wollen. Es gibt viele Möglichkeiten, sei es arbeitstechnisch als auch in Bezug auf die Freizeit. Wir haben hier einen hohen Lebensstandard. Natürlich spielte die Arbeit ebenso eine große Rolle: das heißt im Konkreten, dass ich die Möglichkeit habe, in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Ich bin sehr motiviert selber Dinge zu tun, Ideen umzusetzen, etwas in Gang bringen.

 

H&W: Wie ist es Ihnen ergangen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht (auch in Bezug auf die Arbeit)?

 

Rungger: Großartige Hürden hatten wir nicht zu überwinden. Eigentlich war alles recht einfach, da alles Bürokratische über die Schweiz lief. Zudem hatten wir schon länger vorher uns um eine Wohnung bemüht, sodass das Zurückkommen wirklich einwandfrei funktionierte. Die erste große Überraschung, das in Südtirol nicht wirklich gut ausgeprägt ist, ist die Telefonkultur. Ruft man bei einem Amt an, kann es vorkommen, dass man länger auf einen Rückruf warten muss. Manchmal wartet man ewig in der Telefonschleife, ohne zu wissen, an welcher Reihung man ist. Das sollte definitiv besser werden. (sinngemäß: Auch bei Firmen, nicht nur bei Ämtern ist ein freundlicher Empfang am Telefon oft nicht anzutreffen. Mit freundlich meine ich, bei welcher Firma bin ich gelandet und wer ist am Telefon, nicht zur, „ja hallo?“)

 

In Bezug auf die Arbeit vermisse ich die Flexibilität und Offenheit: gegenüber Frauen in Handwerksberufen oder einfach nur der jüngeren Generation gegenüber. Damit man sich entwickeln kann, benötigen jungen Menschen eine Chance dies zu tun und das fängt eigentlich schon in der Schule an: Jungen Leuten wird oftmals das Vorurteil entgegengebracht, sie hätten keine Lust zu arbeiten. Doch das stimmt nicht. Man muss den jungen Leuten auch den Fachberuf schmackhaft machen und das fängt oftmals bei Wertschätzung und Anerkennung an. Bei uns heißt es oft, dass eine Lehre, halt eben „nur eine Lehre“ und nicht mehr. Doch im Grunde eröffnet einem das Handwerk die ganze Welt. 

 

H&W: Welche Empfehlungen würden Sie anderen mit auf dem Weg geben, die denselben Schritt machen wollen? (Was würde motivieren den Schritt zu tun?)

Rungger: Ich habe mir immer die Frage gestellt: „kann ich mir vorstellen dort ein Leben lang zu bleiben, wo ich jetzt bin? Oder ist die Rückkehr nach Südtirol eine wirkliche Option?“ Das heißt, mir hat es geholfen eine konkrete Vorstellung zu machen, was und wo ich in Zukunft sein will. Ich kann nur sagen, dass sich in Südtirol einiges tut. Die neue Generation will etwas verändern, etwas bewegen. Darum kann ich nur sagen, dass man sich getrauen kann, zurück zu kommen.